Geistige Eigentumsrechte
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Geistige Eigentumsrechte
Zappa, Obama, tote Kinder und U-Bahn-Bilder
Thumbnails, Schnauzbärte und eine Büste
Thumbnails, Schnauzbärte und eine Büste
Unlängst hatte das Marken- und Urheberrechtsbündel, das in den 1980er Jahren als "Prince" vermarktet worden war, [extern] Aufsehen erregt, als es Fans verklagte, die Fotos ihrer Tätowierungen in das Web gestellt hatten. Nun versucht die Zappa-Witwe Gail Urheber- und Markenrechte von Musikern noch stärker auszuweiten: Mittels Verweis auf das Markenrecht zwang sie Bands, die in ihrem Namen auf Zappa-Texte verweisen, Auftritte abzusagen. Betroffen waren unter anderem [extern] "Project/Object", [extern] "Bogus Pomp" und "Sheik Yerbouti". Sie gaben keine Konzerte vor tausenden von Zuschauern, sondern solche in kleinen Clubs, mit denen sie, wenn überhaupt, nur wenig Geld verdienen.
Fansites wie [extern] Kill Ugly Radio zwang die Witwe 100 mal 100 Pixel große Thumbnail-Bilder von Plattencovern zu löschen, mit denen eine Diskographie illustriert wurde. Sollte es Gail Zappa gelingen, diese Ansprüche auch vor Gericht durchzusetzen, so hätte das erhebliche Auswirkungen auf Personen, die gebrauchte Platten und CDs bei eBay verkaufen – dort gehört ein Scan des Covers zum Angebotsstandard. Und die Witwe schreckt auch vor Klagen in Deutschland nicht zurück: Dort veranstaltet die [extern] Arf Society die "Zappanale", ein Festival ohne Gewinnerzielungsabsicht. Aus diesem Anlass fordert Gail Zappa jetzt "Schadensersatz" aufgrund vermeintlicher Markenrechtsverletzungen durch die Veranstaltung und den Verkauf von Festival-T-Shirts. Für die Zukunft will sie nicht nur die Verwendung des Begriffs "Zappanale", sondern auch die des Festivallogos, eines Schnauzbartes, gerichtlich untersagen und außerdem die Vernichtung einer Büste erzwingen, die in Bad Doberan aufgestellt wurde.
Psychisches Plagiat
Doch selbst wer auf Schnauzbärte verzichtet, ist mittlerweile nicht mehr vor Urheber- und Markenrechtsklagen gefeit: In Frankreich [extern] verklagte Camille Laurens, eine Autorin, die 1995 mit "Philippe" ein Buch über den Verlust ihres Kindes schrieb, Marie Darrieussecq, die einen völlig anderen Roman ("Tom est mort") zum selben Thema verfasste, aufgrund einer Art Urheberrecht an Erfahrungen. Ihr Argument: Darrieussecq hätte sich das Seelenleid nicht selbst vorstellen können, weshalb ihr Buch ein "psychisches Plagiat" sein müsse. Denkt man diese Logik konsequent zu Ende, dann dürften nur noch Mörder über Mord schreiben. Gut möglich ist allerdings auch, dass Laurens, die Darrieussecq öffentlich vorwarf, sie hätte sich auf ihrem "Lager des Schmerzes gewälzt", mit der durch die Klage erreichten Aufmerksamkeit die eigene Bekanntheit steigern wollte. Solche Effekte gab es in den letzten Jahren unter anderem durch Klagen gegen Dan Browns Millionenseller [local] The Da Vinci Code und den [local] Backwood-Slasher-Thriller [local] Tannöd.
Obama-Wahlkampfslogan "Change Rocks"
Möglicherweise noch komplexer ist die Motivgemengelage bei einem aktuellen Fall aus den USA: "Change Rocks" wurde zum Wahlkampfslogan des Demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Barack Obama, der auch dessen politisches Programm beziehungsweise Nicht-Programm gut auf den Punkt bringt: Hauptsache ein Wechsel – man weiß zwar nicht genau, was der bringt, aber er ist irgendwie cool, neu, etc. Nun meldete sich Stefan Doyno, ein Anbieter von Ringen mit austauschbaren Steinen, der diesen Slogan als sein "geistiges Eigentum" [extern] beansprucht. Ein Effekt, der für Obama und seine Anhänger potentiell teuer werden könnte, obwohl der Hersteller bisher nur seinen Anspruch an die Medien raunte und noch keine Klage einreichte. Stattdessen spekuliert Doyno auf ein "Lizenzabkommen".
Eine Klage gegen den beliebten Obama könnte nämlich nicht nur dem Image des Ringherstellers Schaden zufügen, sondern möglicherweise auch vielen Amerikanern und (wichtiger noch) dem Team des vielleicht zukünftigen Präsidenten vor Augen führen, in welche Dimensionen die Ansprüche auf "geistiges Eigentum" schon vorgedrungen sind – was möglicherweise die eine oder andere Gesetzesinitiative zur Ausweitung von "geistigen Eigentumsrechten" unter einer Obama-Administration bremsen könnte.
(gekürzt)
Peter Mühlbauer
heise .de
15.01.2008
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